Freitag, 5. Juli 2013

Am Anfang steht immer das Bewusstsein, dass da mehr ist, als man kennt. Es gibt da stets den Blickwinkel, den man noch nicht eingenommen hat, der aber alles Vorangegangene entscheidend verändern kann. Ich könnte mir keinen größeren Antrieb vorstellen, weiter zu suchen. Es ist nicht unbedingt ein Gefühl von Unvollständigkeit, auch das Wort Neugier scheint mir kein passender Ausdruck zu sein für dies Vorwärts-streben-Wollen. Es ist vielleicht die eigenartige Gewissheit, dass das Andere doch die Heimat des Bekannten ist und dieses gleichzeitig nur über den Umweg des Fremden gelesen und verstanden werden kann.

Mir wäre der Gedanke unerträglich, niemals den Versuch unternommen zu haben, diesen Weg zu gehen. Ich würde nicht leben wollen, ohne diese anderen Welten kennengelernt zu haben, die neben meiner existieren. Damit meine ich keineswegs Produkte der Fantasie, nichts Metaphysisches oder unbedingt Göttliches. Nein, es ist alles hier. Und doch ist man oft zu sehr mit Blindheit geschlagen, um jene unsichtbaren Wände durchdringen zu können, die einen umgeben. Nicht mal Entfernung ist zwangsläufig der Grund dafür, es reicht völlig aus, nicht dieselbe Sprache zu gebrauchen. Und auch wenn die Worte identisch sind, heißt das nicht automatisch, dass die zutiefst zwischenmenschlichen Gräben überwunden sind.


(2011)

Meine Orientierung richtet sich nach dem Licht. Es lenkt alleine meine Aufmerksamkeit und im Laufe der Zeit habe ich gelernt, ihm Vertrauen zu schenken. An sich bringt es nichts mit außer sich selbst. Aber es ist in der Lage, alles zu bestimmen, zu beleben und zu bedeuten. Ein wenig versuche ich wohl, ihm nachzueifern, indem ich mich mein Verständnis möglichst nach seinen Gesetzmäßigkeiten gestalte.

Am wichtigsten ist dabei wohl, dass es selbst keine Unterschiede kennt. Dadurch wird es zum Maßstab, mit dem alles verglichen werden kann, der selbst aber nicht misst. Im Gegenteil: Wenn ich es benutze, um ein Bild herzustellen, habe ich anschließend lediglich die Chance, mich selbst darin wiederzuerkennen. Das ist Reflektieren im doppelten Sinne des Wortes. Da sehe ich dann also die weißen und silbernen Stellen, die mir gleich zu Beginn, noch vor der Aufnahme aufgefallen waren und ganz besonders gut kenne ich vielleicht diesen oder jenen Fleck, der mir ins Auge stach, als ich auf den Auslöser drückte.
Jetzt aber fallen mir nach und nach auch die dunkleren und dunkelsten Bereiche auf, die ich mitgenommen habe, ohne es zu wissen. Die Kamera hat sie alle zugleich entdeckt, weil sie nie auf etwas Bestimmtes achtet. Werde ich irgendwann Gelegenheit haben, die Stellen zu belichten, die sich noch im Schatten befinden? Es liegt wahrscheinlich an mir, das Detail wartet meist geduldig auf das Licht.

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In the beginning there is always this awareness that there is more than you know. There is always this angle of view from which you have not seen yet but which is going to change essentially anything you have seen before. I could not think of a greater urge to keep on searching. It is not necessarily a feeling of incompletion, the term curiosity also does not seem to be appropriate to express this urge of moving forward. Maybe it is the strange certainty that the other is always the home of the well-known but it can only be intelligible by making the detour of a stranger.

To me the thought of never having tried to go that way would be unbearable. I would not want to live without getting to know these other worlds existing next to my own. I do not think of fantasies, nothing metaphysical or implicitly devine. No, everything is here. But far too often one is too blind to break through these invisible walls that surround us. Distance does not have to be a reason - it is enough if you do not use the same language. And even if the words are identical it does not automatically mean that the distances between humans are overridden.

Light is my orientation. It alone guides my attention and with time passing I have learned to trust it. It comes with nothing but itself. But it has the ability to determine, to animate and to denote everything. Maybe I try to emulate it a little by shaping my understanding after its' nature.

The most important thing seems to be that it knows no differences. That is why it becomes a measure everything can be compared to but which itself is not measuring. Quite the contrary: if I use it to produce an image I only end up with the chance to find myself in it. This is the literal sense of reflecting. So I see these white and silver areas that had drawn my attention in the very beginning, even before the shot, and maybe I still recognize one or another spot which has caught my eye the very moment I pushed the release button.
But now I gradually notice those dark and darkest areas which I have taken with me without knowing. The camera has spotted them all at once because it has never a certain attention for anything. Will I ever have the chance to bring light to these dark areas that still lie in the shadows yet? I guess it is up to me because the details wait patiently for the light most of the time.

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