Sonntag, 18. Mai 2014

Meine Ideen sind, lehrt meine Erfahrung, in mich hineingefaltet wie Blätter in eine Knospe. Da, wo sie zum Vorschein kommen, sind sie immer schon gewesen, sind eigentlich Nachhall alter Erinnerung - bis an den Punkt heran, von dem aus kein Erinnern mehr möglich ist. Das ist wiederum ganz ähnlich der Sprache. Keine Welt ohne sie, keine Begriffe, kein Denken, das Denken genannt werden kann; und was da besprochen wird, schöpft ständig nur aus sich selbst heraus. Es ist wie mit dem Brunnen, der nur dem Anschein nach unaufhörlich sprudelt, in Wirklichkeit aber das Wasser zirkulieren lässt. Es mögen sich dabei ganz neue Kombinationen von Elementen ergeben; das Material, die Essenz bleibt jedoch immer gleich.


(2012)

Da ich selber diese eingebildete Quelle bin, liegt es auch an mir, meine Ideen so gut es geht zu klären. Sie durchsichtig zu machen dem nachdenklichen, erinnernden Blick gegenüber. Es ist ein Sieben des Vergangenen, im Vergangenen, da das Sieb immer wieder durchs Wasser geht und das Wasser nicht durchs Sieb. Als würde man versuchen, die Luft zu kämmen. Außer der Durchsicht wird nichts gewonnen. Allenfalls noch die Einsicht, dass es keinen Sinn macht, sich auf Antworten außerhalb dieses Mediums einzustellen; vielmehr scheint es vernünftig, sich jedem Tropfen als solchem anzuvertrauen: Hingebung ganz und unmittelbar, nicht nach dem Verhältnis schielend, in welchem er schon nicht mehr steht.

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My experience teaches me that my ideas are folded into me like the leaves of a bud. Wherever they come into view, they have always already been there before, they are rather a reverberant sound of old remembrance - until the point from which there is no more retrospection possible. This is somehow similar to language. There would be no world without it, no notions, no thinking that could be called thinking; and what is referred to is a self-sustaining source. It is the same like the fountain that only at first glance seems to effervesce endlessly but in reality its water circulates. Maybe there are completely new combinations of elements coming into being; the material, the essence, stays the same.

For I myself am this imaginary source it is up to me to clear my ideas as much as possible. To make them transparent to the contemplative, reminding gaze. It is a sieving of the past, in the past, because the sieve goes through the water again and again, not vice versa. As if you would try to comb the air. Nothing is gained except from the view, at best the insight that there is no use in preparing for answers from outside this medium; it rather appears reasonable to confide in every drip as such: immediate devotion, not peering at the relation in which it is not standing anymore.

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