Es geht mir nie um Darstellung, wenn
mit Darstellung das Erzeugen einer Art von Projektion gemeint ist,
die auf die platonische Idee zurückgeht: eine Projektion also, die
als eine unwandelbare, überzeitliche Idee vorgestellt wird. Diese
Art von Idee, wenn ich sie lokalisieren müsste, befindet sich dem
Schein nach außerhalb, in einer Sphäre jenseits des Bewusstseins
und ist diesem vorausgehend und transzendent.
Ich suche jedoch das Abbild. Das Abbild
verhält sich zur von mir vorgestellten Idee nicht wie das Wahre zum
Falschen oder das Tatsächliche zum Vermeintlichen. Ich möchte solche
Unterscheidungen hier nicht machen. Das Abbild bewegt sich stets von
mir fort, weil es in der Zeit ist, wie ich. Es bleibt stehen, ich
schreite fort. Aber gleichzeitig erreicht es mich durch seine
Eigenschaft, eine Geste der Gegenwart ausführen zu können, also im
fotografischen Abbild referentiell, quasi-identisch anwesend zu sein, wenn auch nicht verfügbar. Das heißt
auch Zeuge zu sein – sowohl in Bezug auf das Abgebildete als auch
auf mich, den Betrachter, der das Abbild erkennt und benennt. Dies
schafft es durch den Eingang des (meines) Bildes, meiner Wirklichkeit
ins für mich wirkliche Abbild. Es gleicht einer Alchemie des Daseins
und wird in der Tat den Charakter eines Zaubers nicht los.
(2015) |
Doch ist diese Wiedergabe der
Eigenschaften des Abbildes noch zu simpel, beziehungsweise fehlt noch
eine wichtige, oder sogar die allerwesentlichste Facette. Denn es
taugt nicht jedes Abbild als Träger dieser „Magie“. Gerade die
Bilder, die bewusst deshalb entstanden sind, um sich an etwas zu
erinnern, entbehren oft dieser Qualität. Sie wirken kalt und leblos.
Wenn ich ein lebendiges Bild herstellen möchte, kann ich zwei Dinge
versuchen:
Ich kann mich erstens mit meiner Kamera
möglichst nach den Bedingungen des Auges richten, das heißt, nicht
den Gegenstand, sondern den Blick darauf einfangen und wieder
ermöglichen. Ich kann aber auch zweitens versuchen, das Abbilden
abzubilden. Das bedeutet, dass ich den Gegenstand nicht ausgebe als
ihn selbst (das ist von vornherein zum Scheitern verurteilt), sondern
wie im zuvor genannten Schritt thematisiere ich den Blick, nun aber
noch mit dem bewussten Zusatz, dass es ein vermittelter Blick ist.
Schließlich soll deutlich werden, was ich
unter dem Abbild, beziehungsweise der Tätigkeit des Abbildens
verstehe. Es ist der zunehmende Rückzug aus einer Welt der
Erscheinungen in einen Prozess des Erscheinens, von Erkenntnissen auf
Erkenntnis, nämlich dessen, was für mich immer das Objekt sein
wird: diese Folie, dieser Schirm, auf dem sich mir das darbietet, was
„ist“. Es ist tatsächlich die Höhlenwand, um die es geht, nicht
etwa das, was hinter meinem Rücken vorgeht. Hinter meinem Rücken
erscheint nichts bevor ich mich umdrehe – nur, um wieder auf die
Wand zu blicken.
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